24. Dezember 2020 – Weihnachten
Nun ist es soweit – der Tag, den wir gern in seiner Gesamtheit als „Heiliger Abend“ bezeichnen, ist da.
Allerdings beginnt er wie alle anderen Tage mit einem Morgen, er wird eine Mittagszeit haben und dann kommt so langsam der Abend.
In jedem Jahr waren die frühen Stunden am 24.12. fast immer noch mit Geschäftigkeit und letzten Besorgungen und Erledigungen gefüllt. Der Einzelhandel kann ein Lied davon singen, die Postzusteller sind noch den ganzen Vormittag unterwegs, Busfahrer bleiben erst nach 17.30 Uhr im Depot usw. usf. Erst am frühen Abend zog langsam Ruhe ein.
Viele Menschen, die ich kennen gelernt habe, kommentierten es dann mit dem Ausspruch: was bis jetzt nicht geschafft ist, muss bleiben und warten. Dann war man bereit, sich auf den Abend einzulassen und mit der Familie zusammen Weihnachten zu feiern. Dafür gab es unterschiedliche Rituale, Zeremonien und Besuche. Neben dem möglichen Gottesdienst waren das auch Besuche bei der Familie, zu der man ging oder die kam.
Dieses Jahr sind wir eher zur Ruhe genötigt worden, weil die Vorbereitungen von vorn herein anders waren und sein müssen. Noch immer werden die geöffneten Supermärkte bis zum Ende der Geschäftszeit merken, dass viele den nahen Hungertod befürchten bei 4 Tagen, an denen man nichts einkaufen kann 😊. Die Postzusteller*innen werden – so habe ich heute vernommen – bis 17 Uhr arbeiten und alle Geschenke verteilen.
Aber insgesamt sind ganz viele Menschen schon entschleunigt und mit einer ganz anderen Erwartung für den Weihnachtsabend unterwegs. Ich weiß, alles im Leben hat 2 Seiten und diese Entschleunigung ist vielleicht auch eine gute Seite der schwierigen Zeit.
Und weil Weihnachten ist und es dabei um eine Geburt geht, die unser aller Leben, egal ob wir daran glauben oder nicht, geprägt hat und in seinem Jahresrhythmus begleitet, möchte ich mich genau daran erinnern. Gebären – das was wir Frauen aktiv machen, damit man am Ende einem Baby den Weg ins eigene Leben ermöglicht hat, ist ein Erlebnis, dass man nie wieder vergisst. Die Geburt nimmt die Frau und auch die Begleitenden völlig mit in den Rhythmus der Wehen. Nichts von außerhalb dringt ein in diese Zeit der Geburt, es ist für die Beteiligten eine Ausnahmesituation. Wir Menschen sind völlig fokussiert auf die Phasen der Entbindung bis zum Moment, an dem das Kind da ist und in den Armen liegen kann. Eine Welle der Emotionen überrollt die dann junge Familie. Auch dabei erfolgt eine Entschleunigung, weil es lange dauern kann, bis das Kind geboren ist. Alles bleibt liegen, bis Mutter und Kind anders vereint sind und das neue Leben selbstständig geworden ist vom Mutterleib.
Immer wieder wenn die Weihnachtsgeschichte erzählt wird, sehen wir, es gab keinen Platz für Maria und Josef genau in dieser Zeit. Sie wurden von vielen Menschen abgewiesen und fanden erst Platz im Stall. So erfüllte sich die Voraussage, die es von der Geburt des Messias der Christen gab. Er hat unser Leben verändert. Ob es „nur“ das Leben in der Zeitrechnung nach Christi Geburt ist oder ein aktives Leben mit dem Glauben daran, dass er lebt, ist eine ganz persönliche Entscheidung. Viele feiern Weihnachten ohne den Bezug zu haben, welchen Ausgangspunkt es dazu gibt. Steffi schrieb im Forum – nur Tradition und Gemütlichkeit…😯 ist gewünscht. Leider hat sie damit oft recht. Aber es ist wie ich schreib eine Beziehung zwischen Gott und Mensch – eine „Du“ ich habe Dich bei deinem Namen gerufen – Beziehung. Wer hinhört und antwortet, wird feststellen, Weihnachten war ein Anfang und nicht nur „ein“ Fest.
Meine Großmutter sagte immer Gottergeben, es ist dir (uns/jedem) vorbestimmt, was in deinem (unserem/eurem) Leben passieren wird. Von der Geburt bis zur Bahre, so war sie für sich ganz sicher, erfüllt man sein Schicksal. Das bedeutete aber nicht, dass sie nicht aktiv war bei der Gestaltung ihres Lebens. Sie haderte aber weniger mit Veränderungen und bei Problemen, nahm Glück und Freude einfacher an. Die Rheinländer sagen dazu: Et kütt wie et kütt.
Immer Weihnachten und besonders dann Silvester zum Jahreswechsel wünscht man sich und seinen Lieben Glück und Gesundheit. In diesem Jahr ist das der intensivste Wunsch, den man fast täglich hört. Man kann ihn aber nicht als Geschenk einpacken und letztlich leider auch nicht verbindlich bestellen und auf pünktliche Lieferung warten.
Vielleicht – weil es der wichtigste Wunsch ist und der nicht materiell ist – können wir entschleunigt sein, denn mit diesem von Herzen kommenden Wunsch sind wir für das Zusammensein auch am heutigen Heiligen Abend vorbereitet.
Auch ich möchte ihn an euch weitergeben. Bleibt gesund oder werdet es wieder. Findet, wenn ihr es braucht einen Platz zur Betreuung und Behandlung ohne abgewiesen zu werden. Nehmt euch Zeit für die Familie, die nicht nur zur Entstehung füreinander voller Emotionen sein sollte. Habt acht auf Menschen in eurem Umfeld, die Hilfe brauchen, weil es in ihrem Leben vielleicht gerade eine Ausnahmesituation, die glücklich sein kann wie eine anstehende Geburt, gibt.
Es war mir nicht immer nur eine Freude zu schreiben, sondern ab und an auch Gelegenheit mich zu sortieren und meinen Emotionen beim Schreiben Ausdruck zu geben und sie zu verarbeiten. Heute schreibe ich nicht zum Abschied – bis morgen, aber (sehr wahrscheinlich und hoffentlich gesund) bis zum 01.12.2021! Ich danke euch für eure Begleitung in der Adventszeit 2020. Ich wünsche uns, dass das was „kütt“ gut sein wird.
Eure Anne
Spruch des Tages
Wenn Sie nicht über die Zukunft nachdenken, können Sie keine haben. John Galsworthy